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Reisen, Fotografie, Flora & Fauna

Die buntesten Vögel Deutschlands – Bienenfresser am Geiseltalsee

Aktualisiert: 16. Aug. 2022


Bienenfresser sitzt mit Hummel im Schnabel auf einem Baum am Geiseltalsee

Exotische und bunte Vögel kannte ich bisher nur aus Bildern von Urwäldern in Südamerika und aus persönlichen Sichtungen von vielen verschiedenen farbenfrohen Vogelarten im südlichen Afrika. Doch dass wir sie teilweise auch in Deutschland finden, fand ich erst während meines Auslandsjahres im südlichen Afrika heraus. Man muss also nicht immer weit reisen um exotische Natur zu erleben. Wir haben sie teilweise direkt vor unserer Türschwelle.

Die bunte Familie der Bienenfresser

Die Familie der Bienenfresser ist eine der buntesten Vogelfamilien überhaupt und es gibt zahlreiche Vertreterarten in Afrika, Europa, Teilen Asiens und Australien. Allein in Afrika konnte ich 5 verschiedene Bienenfresserarten von meiner Liste streichen und weltweit umfasst die Familie Meropidae 31 Arten. Ihren Namen haben die bunten Vögel von ihrer hauptsächlichen Nahrung. Neben allen möglichen Insektenarten ernähren sich die Vögel hauptsächlich von Bienen und Wespen, die mit halsbrecherischen Manövern direkt in der Luft gefangen werden. Sobald eine Biene gefangen wurde, sucht sich der Bienenfresser einen kahlen Ast und schlägt die Beute solang auf den Ast bis die Giftdrüse samt Stachel abfällt oder geleert wurde.


Für ihren Lebensraum und die Fortpflanzung benötigen die Bienenfresser warme und strukturreiche Naturräume mit Freiflächen, Bäumen und vor Allem langen Steilwänden. Der Großteil der Bienenfresserarten bilden größere Kolonien und brüten in selbstgebauten bis zu 2m tiefen Sandröhren in den nötigen Steilwänden. Oft wird dem Bienenfresser nachgesagt, dass er seit Neustem durch den Klimawandel wieder in Deutschland zu finden ist. Auch wenn Zweiteres sicherlich eine Rolle spielt, gab es den Bienenfresser schon früher hier in Deutschland. Spätesten seit 1964 ist der Bienenfresser in Deutschland als jährlicher Brutvogel bekannt, ehe er sich 10 Jahre später über den Süden Deutschlands am Kaiserstuhl  weiter nach Norden verbreitete. Heute gibt es den Bienenfresser neben einzelnen Brutvorkommen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz. Zu finden ist er in Deutschland ab Mitte Mai, wenn er aus seinen Winterquartieren aus den westafrikanischen Savannen von Senegal bis Ghana sowie aus Ost-Afrika und dem südlichen Afrika wiederkommt. Ab August fliegen die Langstreckenzieher wieder zurück gen Süden.  


Die europäischen Bienenfresser (Merops apiaster) haben eine Flügelspannweite von 44-49cm bei einer Größe von 27-29cm und sind damit ein wenig größer als eine Amsel. Männchen und Weibchen sind schwer zu unterscheiden, wobei Männchen leicht bunter gefärbt sind. In Deutschland sind die Vögel von anderen unverwechselbar.

Links: Juveniler Schwalbenschwanzspint (Merops hirundineus) im Kgalagadi Nationalpark in Südafrika

Rechts: Europäischer Bienenfresser am Geiseltalsee in Sachsen Anhalt


Die Bienenfresser am Geiseltalsee

wahrscheinlich größte Vorkommen der Bienenfresser in Deutschland findet man in Sachsen Anhalt. Da ich die europäischen Bienenfresser bisher nur aus dem südlichen Afrika kenne, war es ein großer Wunsch die exotischen Vögel auch in Deutschland zu sehen und zu fotografieren. Den Wunsch erfüllte mir meine Freundin mit einem Kurzurlaub zum Geiseltalsee zu meinem Geburtstag. 


Der Geiseltalsee ist mit fast 19km² der größte künstliche See Deutschlands. Nach fast 300 Jahren Braunkohleabbau wurde 2003 das Gebiet schließlich geflutet und der Geiseltalsee entstand. In Mitten des Geiseltalsees gibt es eine ca. 2km lange Halbinsel, die sich in Mitten der Renaturierung befindet. Hier lag auch der Ort Möckerling, einer der 16 Orte der aufgrund des Bergbaus weichen musste. Früher ragte die Erdoberfläche bis zu 159m über dem Meeresspiegel. Nach dem Kohleabbau sind es teilweise auf der Halbinsel nur noch 100m. Da die Deckschicht schon lang abgetragen wurde, gibt es hauptsächlich kalkhaltige Sand- und Kiesböden auf der Halbinsel, auf denen blütenreiche trockene Wiesen und Magerrasenflächen gedeihen. Ein Paradies für etliche Insekten und damit auch perfekte Voraussetzungen für den Bienenfresser. 


Früh Morgens um 6:00 Uhr begab ich mich auf die Pirsch um die Bienenfresser zu beobachten und machte mich auf dem Weg zur Halbinsel. Am Anfang der Halbinsel gab es einen Parkplatz auf dem ich mein Auto abstellte. Ich folgte der Teerstraße bis ich schließlich einen Campingplatz und ein großes blaues Tor vor einer Tauchschule erreichte, dass mir den Weg zur Insel versperrte. Etliche Schilder mit der Aufschrift „Berbaugelände – Unbefugtes Betreten verboten!“ standen um mich herum. Angekommen in dieser Sackgasse drehte ich um und suchte mir einen kleinen Trampelpfad ohne Schild, der abseits der Straße zu einem Waldweg führte. Hätte mich jetzt jemand erwischt, dann hätte ich immerhin eine Ausrede, dass ich keine Schilder gesehen hätte, dachte ich mir. Der Waldweg führte durch wunderschöne strukturreiche Wälder mit vielen verschiedenen Baumarten.


Aufgrund der jungen Geschichte und kürzlichen Renaturierungsmaßnahmen sind die Bäume noch jung und nicht wirklich hoch. Abseits der Wege waren immer wieder bewachsene Erdhügel, die wohl aufgrund des Bergbaus aufgeschüttet wurden. In den steilen Erdhügeln entdeckte ich schließlich faustgroße Höhlen, das erste Zeichen auf die Bienenfresser! Kurz darauf hörte ich den berühmten Ruf der Bienenfresser und sah einen über mich in typischer Bienenfresser- Manier hinweggleiten. Daraufhin folgte noch einer und noch einer. Wie angewurzelt blieb ich stehen und ich konnte es kaum fassen! Ich lief den 3 Bienenfresser hinterher und entdeckte schließlich weitere Bruthöhlen und kahle Bäume auf denen eine Gruppe der bunten Vögel ansaß. 

Eindrücke vom Geiseltalsee. Unten Rechts: Seltener Steinschmätzer


Ich verbrachte eine Stunde mit den Bienenfressern und fotografierte und fotografierte wie wild. Auch ein Reh leistete mir währenddessen Gesellschaft und ließ sich von mir nicht stören. Seelenruhig fraß es an einer der steilen Hügel neben der Bruthöhlen der Bienenfresser nur etwa 20m von mir entfernt. Zu allem Überfluss hörte ich sogar einen Pirol, dessen Ruf mir aus meiner Zeit in Afrika nur allzu bekannt ist. Tatsächlich fühlte ich mich mit den bunten Vögeln, die ich nur aus Afrika kannte, der Einsamkeit und wilden Natur ein wenig nach Südafrika zurückversetzt. Restlos begeistert entschied mich schließlich noch einmal zur vermeintlichen Gasse zurückzukehren um die Halbinsel weiter zu erkunden. Und siehe da, das blaue Tor stand nun offen. Ich trat ein und fragte eine Gruppe Mitarbeiter, die vor der Tauchschule frühstückten, ob ich denn hier weitergehen dürfte. Verdutzt schauten sie mich an und winkten mich herein.


Sie erklärten mir, dass die Schilder noch Überbleibsel des Bergbaus waren und keinerlei Relevanz mehr hätten. Erleichtert folgte ich dem Weg und stieß nur 10m später direkt auf die nächste Bienenfresserkolonie. Ein riesiger langer Erdwall, der gespickt war von Bruthöhlen bäumte sich direkt neben dem Weg auf. Etliche bunte Bienenfresser kreisten über mir, saßen auf den Bäumen und verspeisten eine Hummel nach der anderen. Ich setzte mich in einen der Büsche und begann mit dem Fotografieren. Bisher hatte ich noch keine anderen Touristen außer mir gesehen, bis eine Gruppe Jogger an mir vorbeilief und mich komisch anschauten, den Bienenfressern aber keinen Blick würdigten. Ich nutze den ganzen Tag zum Erkunden der Halbinsel und sah nur eine Handvoll anderer Leute trotzdem der Campingplatz relativ voll war. Ich hatte das Gefühl, dass sich nicht wirklich jemand für die wunderschöne Natur und Tiere interessierte. Ich freute mich umso mehr über die Einsamkeit. 


Auf der Halbinsel kann man eine wunderbare Tageswandertour machen. Die Halbinsel ist aufgrund des früheren Bergbaus optimal erschlossen und es gibt zahlreiche kleine einsame Kiesstrände mit klarem Wasser, das zum Baden einlädt, wunderschöne blühende Wiesen und natürlich eine unglaublich spannende Vogelwelt. Neben den Bienenfressern, die man immer wieder bei der Wanderung hört, gibt es den seltenen und bei Ornithologen beliebten Pirol, den man hier ebenfalls andauernd hören kann. Pirole sitzen meist weit oben in den Baumkronen und sind daher selten zu sehen. Aufgrund der noch jungen Bäume, die noch nicht sonderlich hoch sind, sah ich ihn aber bestimmt 5 mal und konnte sogar ein Beweisfoto schießen. Weiterhin konnte ich den vom Aussterben bedrohten Steinschmätzer fotografieren, der im Nordosten der Halbinsel am steinigen Ufer zu finden ist. Ein weiteres Highlight war ein Grauspecht, ebenfalls stark gefährdet ist und selten zu Gesicht zu bekommen.

Wege und Vegetation am Geiseltalsee


Fazit

Der Geiseltalsee ist meiner Meinung nach ein wunderbares Beispiel, dass auch nach jahrhundertlanger Einflussnahme auf eine Landschaft, eine Renaturierung nicht unmöglich ist. Fast 300 Jahre Bergbau haben die Region nachhaltig beeinflusst. Dennoch sorgten umfangreiche Maßnahmen wie das Fluten der Tagebaue und Aufforstung von Freiflächen für ein heute gesundes Ökosystem, dass seltenen und bedrohten Vogelarten wie dem Pirol, Steinschmätzer und Grauspecht Lebensräume ermöglichen. Zusätzlich haben Bienenfresser hier Brutmöglichkeiten gefunden und bereichern so die Artenvielfalt der Region. 

Wer einsame Natur liebt und die bunte Seite der deutschen Vogelwelt erleben möchte, sollte unbedingt über einen Ausflug zum Geiseltalsee nachdenken. Die Umgebung hat viel zu bieten und man fühlt sich aufgrund des trockenen Klimas, einsamer Kiesstrände mit klarem Wasser und vorhandener Weinberge sogar ein bisschen wie im Mittelmeerraum.   Da Reisen aufgrund des Coronavirus schwierig war, für mich eine super Alternative! 

Links: Die sonst so bunten Bienenfresser im Gegenlicht.

Mitte: Das Beweisfoto eines Pirolmännchens am Geiseltalsee.

Rechts: Das überraschend neugierige Reh am Erdhan zwischen den Bienenfresserhöhlen.


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2.007 Ansichten2 Kommentare

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2 Comments


Guest
Apr 16, 2023

Das erste Mal war ich vor ca. 5 Jahren am Geiseltalsee. Auch ich war ganz allein, ein paar Wanderer und Jooger einige fragten was ich den Fotografieren würde. Als ich sagte den Bienenfresser meinten die meisten Ha was ist den das. Den Pirol habe ich allerding nie gesehen oder gehört. Ich freue mich schon auf das Frühjahr und werde wider hin gehen. Was mir allerdings gar nicht gefällt ist das es am ganzen See keinerlei Möglichkeiten gibt sich auszuruhen.Ein paar Bänke wären nicht schlecht da es doch immer recht warm war als ich dort war. Das die schilder keine Bedeutung mehr haben ist gut zu wissen habe mich auch nicht hinein getraut.


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wildnisraum
wildnisraum
May 09, 2023
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Danke für deinen Kommentar. Seit den 5 Jahren hat sich bestimmt einiges verändert. Soweit ich mich erinnere, gab es tatsächlich die eine oder andere Sitzgelegenheit mittlerweile. Pirole sollten je nach Jahreszeit besonders im Hochsommer auch in guter Menge vorhanden sein, am Besten immer nach dem Ruf lauschen. Viel Erfolg beim Erkunden, ich drücke die Daumen, dass es mit Bienenfresser und Pirol klappt. :)

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